wir
gekämpft ?
Erinnerungen
und
Anmerkungen aus fünfzig Jahren
von
Hans Gellhardt
Sag Ihm,
„daß er für die Träume seiner Jugend
Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird, (..) daß er nicht soll irre werden, wenn des Staubes Weisheit (der) Begeisterung, der Himmelstochter, lästert.“
Marquis Posa im „Don Carlos“
Das Titelbild beruht auf dem Gemälde „Die Freiheit führt das Volk“, 1830 von
Eugen Delacroix (1798-1863) geschaffen. Louvre, Paris.
Erschienen im Selbstverlag
Hans Gellhardt
Mitteldamm 34
14482 Potsdam
Ruf: 0331-716 929
mail: hans@gellhardt.de
15. Januar 2006 / Dez. 2010 --
Inhalt |
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Vorwort
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Einführung 1 Erste Jahre - Nachkriegszeit 1 Den Opa ins Zuchthaus gebracht 2 Minsk-Potsdam 3 Mein Vater und ich 4 Mein Großvater: Gegen den Strom - Charlotte- Pauline, Häuser 5 Schlimme Nachkriegsjahre 6. Schmerzende Enttäuschungen für Mutter
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2 DDR 1 Einzelkinder Alleinerziehender 2 Erste Schuljahre 3 Katastrophen, 4 Ein Brief (Nr. 1) 5 Mit Mutter in den Westen 6 allein zurück in der DDR, 7 Bewährungsprobe: Jugendweihe 8 Als Bibliothekar 9 Neuendorf-Nowawes, 10 Waschtag 11 Kind der Spaltung. Kind des Krieges, 12 Mutter wieder in Berlin 13 Schulwechsel nach West-Berlin
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3 60er Jahre -„Falken“- 1 Kino - Unerträgliche Leichtigkeit d. Seins 2 Die Zelt-städte der Falken 3 Thalmässing Beitritt zu den „Falken“ 4 Ostermärsche - Elke 5 Kuba 6 Heroen, 7 Werkarbeit für Barrikadentauber 8 Ein Abgrund von Landesverrat, die 60er-Jahre 9 Die Auschwitz-Prozesse in Frankfurt a. M. |
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4 An der Universität 1 Im SDS 2 Fakultätssprecher 3 1967 Mitglied des AStA, Benno Ohnesorg - kritische Theorie 4. Israel 5 Von kritischer Theorie zu Bindung 6 K 1 und K2 7 ESG-Heim 8 Im Betrieb 9 Heimselbstverwaltung Kampuchea 10 Dortmund: Wiederbegegnung mit dem ESG-Heim
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5 SEW (1) 1 Philosophischer Materialismus - In die SEW – Gang nach Canossa 2 Erste Zeit Werner Angst vor eigenem Denken 3 Hauptamtliche 4 RAF 5 70er Jahre Handgranatengesetz „WPO 55“ Berlin-Status 6 Neunstündige Vorstandssitzungen 7 In Moskau auf der „Komintern“-Schule 8 Erfolg der SEW unter den Studenten, Thomas
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6 SEW (2) 1 Parteileben - die MV’s 2 Erinnerungen an Erinnertes 3 Einschub - Brief „ von der Seele geschrieben“ 4 Als Schulungsleiter 5 Subbotnik 6 Scheibchenweise Einsichten, Ent- Täuschungen- Zitatologie 7 Am Pranger
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7 Frauen 1 Zauber der Weiblichkeit 2 Kindheit, Versuche, Auf der Suche 3 Das erste Mal 4 Der Anfang mit Jutta 5 Die Softi-Masche 6 Trennung v. Jutta 7 Lieben bringt mehr als geliebt werden 8 Lebensphasen als Jahreszeiten 9 Die Jahre mit Heidi, 10 Werte und Normen, Ulla 11 Geheimnisse 12 Emanzipation od. Gleichberechtigung 13. Es ist, was es ist |
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8 Beruf u. Berufsverbot 1 Tutor an der TU 2 Examensarbeiten 3 Berufsverbot 4 Lehrer u. Erzieher am Internat 5 Eigener Unterricht 6 Am Kolleg und Referendariat 7 Aussortiert |
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9 Projekte 1 Italien 2 Ätna 3 Tanzen
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10 Männer 1 Männer 2 Ich und Er 3. Lebensphasen 4 Er und Sie |
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11 SEW (3) 1 Wieder in Berlin - „bleierne“ Zeit in der SEW 2 Friedensbewegung 3 Entpersönlichung und Gefühls-zerstörung 4 Gorbatschow – Gärung 5 Die „Letzte“ löscht das Licht 6 Wissenschaft als Religion – Trotzki 7 Partei - „sichere Weltsicht“ 8 Die Partei - straffe Organisation
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12 Träume 1 Wenn Träume sterben - 80er Jahre 2. Neubeginn u. Vormärz am Cosimaplatz 3 Das Erlebnis der „Wende“ 4 Perestroyka – Umbau – Wende 5 Der Beginn eigener Umorientierung 6 Philosophisch-elegische Rückbesinnung
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240
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13 Nachwendeüberblick 1 Persönliches Erdbeben (Kleriker) 2 Die Elsässerin 3 Tatmenschen u. Blindheit 4 Sendungsbewußtsein, Fortschrittsglaube 5 Treibender oder Getriebener 6 Im Strudel des Fallens -Yao– Hardy- Laubhaufen
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14 Neben dem Visier der Geheimdienste 1 Stasi- Nachrichtendienste 2 Jan Koplowitz Markus W
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15 Reisen 1. Erlebnis in Bolivien 2. Lebenslügen, Korrekturen, Kierkegaard 3 Hebron und Srinagar, Benediktiner 4 Indien 5 Polen 6 Ukraine 7 Venedig-Potsdam |
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284 286 290 303 |
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16 Vorgestern 1 „Gustav“ 2 Grausiger Brief an Oma -der Drachen lebt noch 3 Reportage, Fliegerangriff , 4 Immer war alles schon gewesen |
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17 Abgesang auf eine große Idee/Hoffnung 1 Ehrenburg-Memoiren 2 Dichter – das „freie“ Wort 3 Havemann 4. Koestler 5 Zum Untergang der DDR 6 Repressive Toleranz., Demonstrationen –Frisch
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7 Visionen – Ängste |
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8 Bücher als Verführer, Wegbegleiter –J.K. Zusammenhänge
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18 Das Dau, der Sinn das Leben, das Dö -das TAO - chinesische und andere Weisheiten - Ich kann es nicht mehr hören
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19 Reflexionen - Der Erlösungsgedanke |
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1 Utopien 2 Nützliches,Verwandtes Gefährliches 3 Werte und Normen, Gefühle v. Stolz od.Demut 4. Über Gewalt 5 Theodorakis 6 Nicht-Begegnungen 7 Auf dem Friedhof 8 Über den Sinn, das TAO, das Dau 9 (Inter-) Nationalismus „wir-Gefühl“ 10 Der Erlösungsgedanke 11 Das Ganze noch einmal
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Anhang I - Reisen |
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1 China 2 Rußland – Transib - Reise |
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403 433 |
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Anhang II - In verstaubten Papieren gelesen |
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Stammbäume Gellhardt u. Klinke |
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Anhang III - Dokumente 1 Schulaufsatz St.Just 2 Humphrey, Flugblatt 3 Freilassung Fritz Teufel - 1967 4. demokratischer Zentralismus, Rede v. 9.11.72 5 Zweck und Ziel des Mathematik-Unterrichts 6 Peter Weiss 1987 7 Mißtrauen gegen vorschnelle Antworten November 1988 8. Kreisvorstand 1989
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495 498 500 502 509 515 517
521 |
Einige Begriffsbestimmungen |
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525 |
Register |
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530 |
Literaturverzeichnis |
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Vorwort
Ratschläge für einen schlechten Redner. Bei Tucholsky findet man sie. Man soll nicht zur Sache kommen.
Man soll herumreden, erst dieses und jenes ankündigen. Bis der Schlaf den gähnenden Leser übermannt, bis jedes Interesse abgetötet ist. Also denn einiges zur Wahl des Buchtitels. „Wofür haben wir gekämpft?“ ist der Titel einer Sammlung der Schriften Alfred Kurellas. Und „Es hat sich gelohnt zu leben“ der Titel einer Autobiographie von Max Seydewitz. Es liegt nahe, die Frage zu stellen, wer war dieser und wer war jener?[1] Mag sein, daß der Titel falsche Erwartungen weckt. Im Wortsinne habe ich mir nicht die Aufgabe gestellt, die Frage zu beantworten. Weder indem die Ziele aufgelistet werden und gezeigt wird wohin die Revolution ihre Kinder entlassen hat noch im Sinne eines selbstzufriedenen Stolzes auf den Weg erreichter Erfolge. Und auch nicht im Sinne der Trauer über falsche Ziele oder die unvermeidliche Stärke gigantischer Gegner. An vielen Pamphleten und Kämpfen habe ich mitgewirkt. Das Getümmel hat mir gut getan. Und ich hoffe, meine Laune, meine Begeisterung hat denjenigen, die mit mir zu tun hatten, gut getan. Die verschiedenen Flaggen meiner verschiedenen Ziele und Parteiungen habe ich eingeholt, aber natürlich gehen sie weiter, die Freuden und die Leiden - der Spaß.
Lessing`sche Belehrungen sind mir zuwider. Man merkt die Absicht und man ist verstimmt. Wird die Absicht verheimlicht, so ist die Enttäuschung und die Kränkung über die versuchte Manipulation noch bitterer. Warum schreibe ich dann überhaupt? Im Kern, weil es mir selbst Freude macht, mich mit den Problemen und Kämpfen der Vorangegangenen zu beschäftigen - bei Goethe oder de Bruyn, bei Voltaire - Fontane oder Stefan Zweig. Ob das Weltbild des „Immer schneller, immer besser, immer höher“ stimmt, ob wirklich eine Zunahme von Lebensqualität zu verzeichnen ist, so daß den Vorgeborenen, dem Marc Aurel, dem Meister Eckardt, dem Dschuangse und dem Lau-tse eigentlich nur unser Mitgefühl zukommt, so ohne Gasetagenheizung und E-mail? Ist die Frage wirklich nur eine Scheinfrage. Haben die von den Inkas unterjochten indianischen Völker das von den Europäern ins Land verbrachte Wort „Arbeit“ mit „Fast-Sterben“ übersetzt, wie es heißt - und warum? Ist das indische Weltbild, der Pendelbewegung zutreffender für die Menschheits-geschichte? Fragen über Fragen, schön - daß es sie gibt.
Spannend für mich war und ist die Frage nach den Invarianten menschlicher Geschichte. Wie sehen sie aus, die unveränderlichen Triebkräfte menschlichen Seins? In der Familie wird jede Rolle nur einmal vergeben. Menschliche Niedertracht, Verstellung, Verrat, Oddyseus`sche Lügen und Listen - gehören sie nicht zu uns wie Verwesung und Verwandlung von Laub zu Humus? Aber kann man leben, ohne Hoffnungen und Illusionen? Vielleicht sind die Illusionen der Preis der Bewußtheit.
Ja, und was ist, was soll das Buch nun? Es ist von allem etwas, es ist ein Stück Lebensbeschreibung, es ist ein Stück Geschichtsdarstellung, Geschichte des 20. Jahrhunderts - so, wie sie mir begegnete. Gewiß ist die Darstellung einseitig, ich bin vielseitig, aber ich bin nie die andere Seite, ich weiß auch nie, welche meiner Seiten in mir die Oberhand hat und ich bin auch nicht in der Lage, mein Sein von meinem Selbstbildnis zu trennen oder davon, wie ich gerne wäre. Werk und menschlicher Schöpfer eines Werkes sind nie identisch.
Die einzelnen Kapitel meines Buches sind unterschiedlich geschrieben, wahrscheinlich gibt es Passagen, die nicht von jedem Leser als spannend empfunden werden. Da es den Leser nicht gibt, werden es unterschiedliche Abschnitte sein. Für manche Passagen ist auch Musse von Nöten, Zeit – um den Sinn zu erfassen. Ich wünsche sie dem Leser, nicht mir. Wenn meine Gaben nicht ankommen, dann hat sich einer von uns – oder gar beide, Leser und Autor – verwählt, das ist mir beim Schenken gelegentlich passiert, und so schlimm ja nun auch nicht. Überwiegend bauen die Abschnitte nicht aufeinander auf. Die thematische Gliederung und die durch Chronologie bedingte Reihenfolge der Kapitel durchdringen einander – das macht das Lesen schwer, ermöglicht jedoch auch, ständig einen neuen Einstieg zu finden.
Einige Abschnitte sind nicht von mir geschrieben worden, es sind: die Reportage, die ich den Aufzeichnungen meines Vaters entnommen habe und es sind dies drei Briefe naher Familienangehöriger, die ich aufgenommen habe, weil sie mir geeignet scheinen, authentisch das Kolorit der Zeit und Umwelt zu beschreiben, in dem ich herangewachsen bin.
Ich war beteiligt an der Studentenbewegung und an der Bewegung, die ich für kommunistisch hielt, leidenschaftlich – mit Haut und Haar.
Ich beschreibe meine Sicht auch deshalb, weil der überwiegende Teil der Beschreibungen, die ich gelesen habe, „von außen“ geschrieben, nicht in der Lage zu sein scheint, die Motive zu ergründen oder zu verstehen.
Bei Heinrich Heine, bei Hermann Hesse, auch bei Thomas Mann finden sich genügend Formulierungen, mit denen die Dichter – wenn zum Teil auch ablehnend, diesen Weg als notwendig oder unvermeidlich dargestellt haben. Ihn zu betreten, war meine eigene freie Entscheidung[2]. So seitab, wie es heute erscheint oder dargestellt wird, lag diese Straße nicht.
Verschiedene Kapitel fallen aus dem hier aufgezeigten Rahmen, das sind die beiden Reiseberichte zu China und Rußland, die aber aus naheliegenden Gründen doch auch wieder zum Thema gehören, und das sind die beiden Kapitel zu Frau und Mann, ohne das dort Beschriebene wäre allerdings mein reales Leben kaum denkbar, und ein wenig fällt auch das vorletzte Kapitel mit den aphoristischen Versuchen heraus.
Potsdam, im Oktober 2005
Hans Gellhardt